Freitag, Juli 22, 2005

memory clear

Logbuch des Raumschiff Overload:
Wir schreiben Donnerstag den 14. Juli 2005. Uhrzeit 16.30 Uhr. Wir steuern auf den Planeten "Hoffnungslos" zu und passieren gerade dessen Mond "Verzweiflung". Die Besatzung sammelt sich auf der grossen Steintreppe vor unserem Zerstörer "ZHW".

Ich setz mich ebenfalls auf die Steintreppe. Ein bisschen weiter oben als alle anderen. Ich steck mir meine Kopfhörer in die Ohren, lasse mich von den Fetten Broten besingen und beobachte die anderen Studenten. Ein paar Leute aus meiner Klasse stehen auch noch da rum scheinen aber aufbrechen zu wollen. Ins Pub nebenan. Ich klemme einen Zigarillo zwischen meine Lippen und stecke ihn in Brand. Meinen Zigarillo rauchend starre ich in die Menge. Während die Treppe und der Platz davor immer leerer wird, überlege ich mir was ich nun tun soll. Die erste Option wäre, dass ich nachhause gehe und mich in einer dunklen Kammer einsperre bis die Ameisen die Weltherrschaft an sich gerissen habe. Die zweite Option wäre, dass ich mich zu meinen Klassenkameraden ins Pub geselle und soviel Alkohol in mich kippe bis ich garnichtmehr weiss, dass ich Prüfungen hatte und dabei ziemlich bescheiden abgeschnitten habe. Die letzten Studenten sind in Aufbruchsstimmung. Sie wollen in den Stadtpark. Ich stehe auf und gehe ins Pub. Die Hälfte meiner Klasse sitzt schon dort. Auf den beiden Tischen die sie in beschlag genommen haben stehen auch schon mehrere Biere und ein paar Schachteln Glimmstengeln. Ich krall mir an der Bar auch ein Bier, nehm mir den einzigen Hocker der gerade noch frei ist und setz mich somit genau in die Mitte der ganzen Truppe. Wie war das nochmal? Das faule Ei sitzt immer in der Mitte?!

Die anderen plaudern, ich hör zu. Ich nippe an meinem Bier, rauche die letzten zwei Zigarillos aus meiner kleinen Box. Später noch einen dritten welchen mir eine Kollegin spendierte. Ich hol mir noch ein zweites Bier und treffe an der Bar einen Kumpel aus den guten alten Zeiten. Sprich aus der kaufmännischen Ausbildung bei der Post. Er ist angeblich auf der selben Fachhochschule. Ich kann das erst nicht so recht glauben, weil ich ihn bis jetzt da noch nie gesehen habe. Er klärt mich allerdings auf, dass er Repetent sei und wir uns deshalb wohl nie gesehen hätten. Dass das eigentlich das Beste sei was einem passieren kann (Ein Jahr, sprich etwa 4 Fächer, zu wiederholen). Denn dann sei es viel leichter mitzukommen, weil man ja alles schonmal gehabt hat. Denn man könne nebenbei arbeiten und habe somit endlich mal wieder Geld. Denn man habe mehr Freizeit und könne das Leben so richtig geniessen. Das ist zwar ein kleines Stück Hoffnung, dass er mir da gerade schenkt, aber ich muss das natürlich gleich relativieren. "Dafür kommt man dann im zweiten Jahr in den Fächern nicht mehr mit, die man nicht repetieren musste, weil man 1 Jahr lang nichts mehr damit zu tun hatte." Positiv Thinking war schon immer eine meiner Stärken.
Wir plaudern noch ein bisschen weiter, bis er die alkoholhaltigen Getränke die er an der Bar gekauft hat zu seinen Freunden nach draussen bringt. Ich setze mich wieder zu meinem Haufen und beschwere mich darüber, dass wir in so einem dunklen Loch sitzen wo es doch draussen so schön ist. Eine stimmt mir zu. Etwa drei Leute sagen so etwas wie: "Ja, wir gehen ja nachher raus." Der Rest überhört mich. Ich trinke mein Bier. Geh aufs Klo. Nippe an einem weiteren Bier. Bringe erneut meine Bitte an rauszugehen. Habe wieder keinen Erfolg, ausser dass nun zwei zustimmen. Dies allerdings auch nur weil sie Hunger haben und etwas essen gehen wollen. Ich geh erneut aufs Klo. Versuche mitzureden, aber das meiste was ich sage ist so belanglos wie ein Blatt Papier auf einem Stapel Altpapier. Eine weitere Aufforderung dieses blöde Pub zu verlassen führt zu einem Aufbruchsgesang der etwa so klingt: "McDonalds! McDonalds! McDonalds!...". Doch die Herrschaften haben ja noch Bier auf dem Tisch, also wird dieser so energischen Aufforderung auch nicht Folge geleistet. Ich setz mich mal dahin. Steh mal dorthin. Setz mich woanders hin und lande schlussendlich wieder dort wo ich am Anfang sass. Allerdings sind vereinzelte schon nach Hause. Der Marcel plaudert grad mit einer ziemlich gut aussehenden Frau und ich misch mich da natürlich sofort ein. "Hey Marcel, stell mich doch mal vor hier...!". Nur das "Hicks" fehlt noch. Sie tut es selbst, die Simon. Irgendwie hat die tolle Augen. Das Doofe ist nur, dass sie etwa einen Kopf grösser ist als ich und ich hochschauen muss um ihr in die Augen zu schauen. Naja, das würde ja noch gehen. Sie könnte sich ja auch bücken um mich zu küssen, oder ich könnte auf ein Schemmel stehen. Aber das steht eh nicht zur Debatte, denn ihre Freundinnen wollen gehen (so wie ich seit etwa 3 Stunden) und ziehen sie sozusagen aus dem Pub. Tschüss Simon, hat mich gefreut!

Die Schnauze voll davon in einem dunklen, stinkigen Pub zu sitzen während draussen die Sonne scheint, entscheide ich mich einfach aufzubrechen. Ich schmeiss mir meinen Rucksack auf den Rücken, lege zwei Finger auf meine Zunge und lasse einen schrillen Pfiff die Stimmen erstummen. Ich gebe den (erneut) anderen Bescheid, dass es mich hier drin ankotzt und ich abhaue. Das übliche "hey, nein du darfst noch nicht gehn" Gebrülle geht los. Da ich aber bereits damit gerechnet habe und mich mental darauf vorbereiten konnte, winke ich bloss und geh nach draussen. Zwei latschen mir nach und wollen mich überreden zu bleiben. Nein danke. Auf das "Wir gehen ja gleich" bin ich schon 2 Stunden lang reingefallen, das zieht nicht mehr. Ich will lieber in den Park ein bisschen feiern gehn, aber wenn niemand mitkommt geh ich halt nach Hause. Peter ist schon während der "bleib doch noch" Diskussion wieder im Pub verschwunden und nurnoch Steve versucht mich mit allen Mitteln dazubehalten. Schlussendlich machen Steve und ich uns auf den Weg ins Kaufhaus um erst etwas kleines zu Futtern und RedBull zu kaufen. Dann ins nächste Kaufhaus um Wodka zu kaufen. Was aus Essen, RedBull und Wodka später entsteht, ist wahrscheinlich hier schon zu erahnen, aber was wäre ich für ein Blogschreiber, wenn ich das jetzt nicht ausführlich beschreiben würde.

Als wir rauskommen schlendern uns unsere Klassenkameraden entgegen. Sie wollen noch etwas essen gehen und kommen dann auch in den Stadtpark. Mein energischer Abgang hat wohl doch etwas genützt. Steve und ich latschen zum Park. Voll beladen mit Hirnvernichtungsmittel. Wir treffen auf andere Studenten und setzen uns in die Mitte von zwei kleinen Grüppchen. Schon wieder das faule Ei. Auch wenns da ein paar hübsche Mädels hat, mir schwebt anderes vor. Ich nehm mir einen der soeben gekauften Bechern, öffne ein RedBull, leere ein bisschen davon in den Plastikbecher und schütte eine ordentliche Ladung Wodka dazu. Eine härtere Mischung könnte man nur dann machen, wenn man den Wodka pur trinkt. Aber das ist egal. Runter damit. Ich frage Steve ob ich ihm auch nen Becher machen soll. Er verneint und gesellt sich zu 5 Leuten die ein Trinkspiel machen. Da ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr viel Vertrauen in meine Reflexe und meine Rechenkünste habe, verzichte ich darauf mich ebenfalls dazuzugesellen. Ich schenk mir nach. Ein paar aus der ehemaligen Pub-Runde stossen zu uns. Corinne rät mir ein bisschen aufzupassen mit dem Alkohol. Ich nehms mit dem nächsten Schluck zur Kenntnis. Ich muss mal und beglücke einen Busch, stolpere zurück und widme mich wieder der Wodkaflasche und dem nach Gummibärchen riechenden RedBull-Zeugs, welches lediglich dazu dient, dem Wodka ein bisschen Geschmack zu verleihen. Mittlerweile ist die halbe Wodkaflasche leer und ich mach mir noch einen Becher. Ok, ein bisschen hab ich neben den Becher geschüttet, aber den Rest hab ich wohl alleine gekillt. Steve entdeckt meine Schandtat und ist der Meinung, dass noch eine zweite Flasche her muss. Natürlich diesmal nicht für mich allein. Er schleppt mich mit zum Pick&Pay oder wie der doofe Laden heisst. Lesen kann ich eh nicht mehr. Ich warte mit meinem Becher vor dem Laden bis er wieder rauskommt. Zum Glück hats da einen Pfosten an den ich mich anlehnen kann. Wir gehen zurück. Steve geht und ich torkle. Wieder im Park angekommen setz ich mich auf eine Bank die etwa 10 Meter von den feiernden Studenten entfernt ist. Beim zurücktorkeln habe ich mir ein bisschen von meinem tollen Getränk über meine Hose geschüttet. Aber was solls, das trocknet wieder. Mittlerweile sind auch fast alle aus der Pub-Runde im Park eingetroffen. Doch ich lege erstmal meinen Kopf in den Nacken und schliesse meine Augen, die nicht mehr so ganz sehtüchtig sind. Ab und zu besucht mich jemand auf meiner wankenden Insel und fragt ob es mir gut geht. Klar! Alles bestens! Doch irgendwann ist nicht mehr alles bestens und ich geh hinters Gebüsch, halte mich da an einem Gitter fest und übergebe mich volle Kanne in die Ecke. Auch hier bekomme ich immer wieder besuch und werde nach meinem Wohlergehen gefragt. Ich weiss nicht wieviel Zeit vergeht, aber ich glaube ziemlich viel. Das tolle ist, dass ich noch alles genau mitbekomme. Ich erkenne die Stimmen und ich kann sogar noch antworten. Und hey... welcher in eine Ecke reiernde Kerl sagt schon alle fünf Minuten:"Ja, bei mir ist alles ok. Alles bestens!" Nach dem fünften Besucher hänge ich allerdings noch ein: "lass mich in Ruhe an!". Doch irgendwann lassen sich Marcel und Peter dadurch nichtmehr abschütteln und sie ziehen mich von meiner so heissgeliebten verkotzten Ecke weg. Sie schleifen mich vorbei an den feiernden Studenten. Eigentlich wär mir das ja normalerweise peinlich, aber heute nicht. Ich grinse innerlich. Ein bisschen abseits von der ganzen Bande steht noch Alain. Ich weiss nicht genau wieso ich ihn erkenne, denn eigentlich sehe ich fast nichts mehr, aber es muss wohl das rote T-Shirt mit den weissen Streifen sein. Auf jeden Fall sage ich so freundlich wie ich bin noch: "Tschüss Alain! schöne Ferien!". Wohl ein bisschen verwundert versucht mich Peter mit einem: "Geht doch noch! Du erkennst ja sogar noch die Leute" aufzubauen. Aber warum aufbauen?! Mir gehts doch gut. Naja, ok...ich kann nicht mehr so sicher stehen, sehe kaum noch etwas und habe mich bestimmt 30 Minuten lang übergeben, aber das heisst doch nicht, dass es mir schlecht geht. Ach, vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass mein letzter Becher Wodka mit RedBull Aroma beschlagnahmt wurde.

Marcel und Peter tragen mich über die Strasse und zur Schule. Die Steintreppe runter wo vor ein paar Stunden alles begann. Sie öffnen die Türe (durch den Hintereingang rein und von innen aufgemacht) während ich an die Hauswand erbreche. Da hast du's du blöde Schule! Sie legen mich und meinen Rucksack neben den blauen Kasten wo auch die Kaffemaschine drinsteckt. Ich sage danke, wünsche schöne Ferien und schlummere friedlich ein.

Morgens um zwei Uhr wache ich auf. Greife intuitiv nach der Wasserflasche die irgendjemand meiner Schulkollegen da deponiert hat (Dankeschön!) und nehm einen Schluck. Schmeckt irgendwie seltsam, aber ich denke mir, dass das wohl eher an den Getränken liegt, die ich vorher mal getrunken habe. Ich richte mich auf und wackel im Gebäude umher. Es klingt zwar, als wär da noch jemand, aber entdecken tu ich doch niemanden. Ich setz mich in einer Nische auf einen Stuhl, lasse meinen Kopf auf den Tisch fallen und schlafe erneut ein. Kurz vor fünf Uhr steh ich wieder auf und torkle zum Klo. Ich muss mich aber wider erwarten nicht übergeben und belasse es bei ner Pinkelsession. Den 05.37 Uhr Zug erreiche ich nicht mehr, also nehme ich den 52er. Auf dem Weg in den Bahnhof Stadelhofen ratz ich nicht mal ein und schaffe es tatsächlich umzusteigen. Dabei sehe ich dass es bei der Wasserflasche um eine Vittel Flasche handelt. Allerdings nicht eine gewöhnliches Vittel, sondern eine Vittel mit Himbeergeschmack. Ich hab doch gesagt, dass das eigenartig schmeckt. Nun weiss ich auch wieso. Im nächsten Zug holt mich der Schlaf allerdings sofort wieder in seine Obhut und entlässt mich genau bei der richtigen Station. Ich steig aus und kämpfe mich zum Bus. Auch die Busfahrt überlebe ich und steige erneut da aus wo ich auch aussteigen sollte. Jetzt muss ich nurnoch den Schlüssel ins Schlüsselloch stecken und schon hab ichs geschafft. Ich stolpere gen Bett und latsche noch meinem Vater über den Weg, der gerade aufgestanden ist. "Na, hast Du an einem Marathon teilgenommen?" fragt er mich. "Ja klar!" antworte ich, rette mich in mein Zimmer, schliesse die Tür, lasse mich aufs Bett fallen und beginne meine "unterrichtsfreie Zeit".

Der Planet "Hoffnungslos" ist erreicht. Durch starke Turbulenzen wurde unser Hauptrechner beschädigt und sämtliche Daten wurden gelöscht. Die Reparaturen werden ca. 5 Wochen dauern und dann werden wir uns auf den Weg zum Planeten "Katastrophe" machen. Logbuch Raumschiff "Overload", Ende.

1 Comments:

Anonymous Anonym said...

Hm..also erstmal is das ja urst lang. Wußte gar nicht, was Du für ein "Trinkheld" sein kannst..*schmunzeln muss*.. Und wieso überhaupt Planet Hoffnungslos? Nichts ist hoffnungslos..man sollte nur mal vielleicht versuchen die Dinge von einer anderen Seite zu betrachten oder mit jemandem darüber reden..
Hab Dich gern und bin für Dich da, wenn Du magst.

4:59 PM  

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